Überschattet von Fehlorganisation und dem damit zusammenhängenden Chaos sowie schlechter Stimmung bei den Besuchern, war das Festival in diesem Jahr nicht gerade der Knüller.
Trotzdem bereue ich es nicht, dort gewesen zu sein, denn zum Einen hat mich ganz besonders ein Act extrem aus den Latschen gehauen und zum Anderen ist das Festivalgelände unglaublich beeindruckend. Da es wie bereits erwähnt zu Komplikationen kam, ist es für mich fraglich, ob diese Veranstaltung ein nächstes Mal auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof stattfinden wird.
Das Flughafengebäude ist historisch und natürlich architektonisch gesehen nicht uninteressant:
1923 Inbetriebnahme, in den 1930er Jahren dann durch den Architekten Ernst Sagebiel und unter Schirmherrschaft der Nationalsozialisten der Ausbau. Das Flughafengebäude war nach seiner vorübergehenden Fertigstellung 1941 mit seinen 307.000 qm „Bruttogeschossfläche“ das „flächengrößte Gebäude der Welt“, bis zur Fertigstellung des Pentagon Gebäudes (Grundfläche: 135.000 qm – mittlerweile auf Platz 5 der Weltrangliste), ca. 2 Jahre später.
Nach Kriegsende 1945 wurde der Flughafen von der US Airforce übernommen. 1948 bis 1949 diente der Flughafen als „Luftbrücke“, usw., usw. Äußerst interessant. Wer mag, kann sich hierzu die Wikipedia- Eintragungen zu Gemüte führen…
In jedem Falle ist es ein seltsames, aufregendes Gefühl das einen begleitet, wenn man die Eingangshalle des Flughafens betritt. Um auf das Festivalgelände zu gelangen, spaziert man nach langem Anstehen in die Eingangshalle und löst sein Ticket am Check- in Schalter gegen ein Festival- Armbändchen ein. Dann noch durch den Security- Check, vorbei an einer Bar im Wartebereich eines der Terminals, Treppe runter und man befindet sich auf dem Festivalgelände, Blick auf das riesige Rollfeld und das Tempelhofer Feld, welches seit Mai 2010 wieder als öffentlicher Park genutzt wird.
Die Hauptbühne befindet sich draußen, zwei weiter davor und dahinter in Hangars (Flugzeug- Garagen :). Einige mobile Clubs, sowie jede Menge Fressbuden und Souvernirstände zwischendrin…
Nun ja, was soll ich über das Festival an sich schreiben? Mit meinen 30 Jahren kam ich mir recht alt vor, da der größte Teil des Publikums rund 10 Jahre jünger war- alles Mode Opfer, viele Touristen, viel Rumgeflirte und oberflächliches Gekicher, viel zu viele Menschen…
Irgendwann kam man nicht mehr von der einen zur anderen Bühne, weil die Sicherheitsleute sich überlegt hatten, dass es wohl zu voll sei. Kurz darauf folgend ein kleiner, aber nachvollziehbarer Massenaufstand der Besucher und vorzeitige Beendigung der Veranstaltung (auch wegen des Geräuschpegels). Davon hab‘ ich jedoch nichts mehr mitbekommen, da ich zu dem Zeitpunkt bereits aus trunkener Müdigkeit das Weite gesucht hatte.
Nichts desto trotz war der erste Festivalabend recht akzeptabel, da ich LCD Soundsystem aka James Murphy plus Band live gesehen hatte und angenehm überrascht war. Der Mann hatte sich augenscheinlich Gedanken darüber gemacht, wie er sich live präsentiert und hatte wenn ich mich recht entsinne zwei Schlagzeuger, zwei Keyboarder, einen Gitarristen und Bassisten an den Start gebracht. So wurde aus seiner sonst recht Elektro lastigen Musik eine auch für’s Gehör unterhaltsame Live Performance. Die Jungs und Mädels sind abgegangen auf der Bühne und hatten ihren Spaß! Ich mag LCD Soundsystem und sein Auftritt hat sich gelohnt!
Fever Ray waren natürlich für’s Auge auch interessant: Geniales Bühnenbild, verdammt gute visuelle Effekte, genial vermummtes Kostüm und tolle Stimme, Frau Karin Dreijer Andersson. Ansonsten wenig live Musik. Darum geht es ohnehin wohl bei Live Acts nicht mehr primär, aber ich habe fest gestellt, dass Bands bei denen auf der Bühne noch Instrumente „bedient“ werden- auch wenn jeder nur an irgend einem Synthesizer oder ähnlichem rumspielt- mir einfach mehr Spaß machen… Danach bin ich schlaftrunken und weil mir von den Sicherheitsleuten der Zutritt zum Auftritt von Caribou verwehrt wurde, nach Hause gewankt…
Der zweite Festivaltag war die Steigerung. Es war Samstag und das Wetter war sommerlich. Es war friedlich, meine Laune war wesentlich besser als am Vortag. Ich war diesmal mit dem Rad angereist. Das fegt den Kopf frei und macht „hungrig“… Durch die Probleme vom Vortag waren außerdem anscheinend weniger Menschen gekommen-Erleichternd!
Was mich jedoch am glücklichsten stimmte war die Tatsache, dass Gonzales, der sich neuerdings Chilly Gonzales nennt, auftreten würde. Ich hatte zwar ein wenig Bedenken, dass er eventuell meinen recht hohen Erwartungen nicht gerecht werden oder nur ein langweiliges DJ Set mit schlechtem geRAPpe hinlegen würde, aber auch die große Hoffnung, dass er einfach nur mächtig in die Tasten haut und das hat er dann auch getan!
Ausstattung auf der Bühne: Zwei Flügel und zwei Schlagzeuge. Gonzales in seinem dunkelgrauen Bademantel, darunter sein fuchsiafarbenes Hemd, erstaunlicher Weise keine Weißen Handschuhe, um die Füße seine grünen Pantoffeln, unrasiert, bereits verschwitzt und unfrisiert, stellt sich mit den Worten „I am Chilly Gonzales, the musical genius!“ vor und legt los- Mal auf dem Flügel stehend, mit den Füßen auf die Tasten tretender Weise, mal am Flügel sitzend, mit gefühlten 20 Fingern auf selbigen einhämmernd, mal als Entertainer und mal als eher schlechter Rapper auf der Bühne hin- und her wandernd.
Nichts, was man sich auf CD anhört. Eindeutig. Aber eine rundum unterhaltsame Show mit echter, auf zwei mal zwei Instrumente beschränkter „MUSIK“.
Quintessenz des Textes:
Gonzales ist ein verdammt guter Musiker und Entertainer, nicht nur auf dem gekauften Album, sondern insbesondere live. Solltest Du jemals die Mögichkeit haben, Dir eines seiner Konzerte zu besuchen, tu es!!!!
Ich werde gleich mal eine Aufnahme vom Berlin Festival raussuchen und Posten und danach eventuell noch 1-2 Videos von anderen Acts, die dort aufgetreten sind…
Anbei noch einige Infolinks zum Thema Flughafen Tempelhof und zum Berlin Festival. Man sollte noch kurz erwähnen, dass die Veranstalter des Festivals sich als Entschädigung für den miserabel gelaufenen, ersten Festivaltag ein „Entschädigungskonzert“ organisiert haben. Mal sehen, ob DAS wiederum besser organisiert ist…
Weiter unten ein paar Fotos, die ich 2009 auf dem Festival „geschossen“ habe.
Einen sonnigen Tag, Dir!